Was ist Love Bombing?
Mit Liebesbekundungen bombardiert zu werden, das hört sich doch verheißungsvoll an. Gerade, wenn man lange Single war und/oder aus einer Beziehung kommt, die gen Ende hin eher durch ein Nebeneinander her leben mit wenigen Zuneigungsbekundungen geprägt war, freut man sich über viel Zuwendung. Und besonders Menschen mit einer hohen Empathiefähigkeit, die viel Verständnis für andere aufbringen und wenig nachtragend sind, werden von dieser Art des Werbens angesprochen.
Wie zeigt sich Love Bombing?
Nun also erhält man tolle Geschenke, es regnet nur so Komplimente, man wird vom neuen Partner gefeiert für seine Attraktivität, seine Intelligenz, seinen Kleidungsstil. Große Versprechungen und Zukunftspläne werden gemacht, quasi aus dem Stand. Alles scheint perfekt. Woran kann man merken, dass dieses Love Bombing möglicherweise eine (mehr oder weniger bewusste) manipulative Strategie darstellt und wozu wird sie eingesetzt?
Was ist die Motivation des Love Bombers?
Love Bomber werden in der Literatur oft als manipulative Narzissten beschrieben. Sollte es sich bei der betreffenden Person um einen Menschen mit einer derartigen psychischen Struktur handeln, so dient das Liebesbombardement vor allem dazu, die oder den Angebeteten schnell für sich zu gewinnen, letztlich, um auf diese Weise die Kontrolle über ihn zu erlangen und die Beziehung ausschließlich den eigenen Interessen gemäß zu gestalten. Augenhöhe, liebevolles Miteinander – Fehlanzeige. Vielmehr geht es um Macht. Denn wenn es dem Love Bomber gelungen ist, die „angebetete“ Person für sich einzunehmen, ändert sich die Kommunikation oft schlagartig. Sie ist von Abwertung, Liebesentzug in Form von Missachtung und von Ausbeutung geprägt. In diesem Fall spricht man heute von emotionalem Missbrauch. Siehe hierzu auch meinen Artikel zum Thema Gaslighting, einer weiteren Form der destruktiven Kommunikation in narzisstischen Beziehungen.
Nicht vergessen werden darf aber, dass Menschen, die dazu neigen, ihre neuen Partner förmlich mit Aufmerksamkeiten zu überschütten, nicht unbedingt sog. maligne (bösartige) Narzissten sein müssen. So können die überbordenden Zuneigungsbekundungen auch eingesetzt werden, um gesehen, anerkannt, letztlich um geliebt zu werden. Ohne besondere Bemühungen empfinden sich die Handelnden als nicht wert genug, geliebt zu werden. Hier ist es für die betroffene Person wichtig, im Auge zu behalten, wie sich die Beziehung nach der Anbahnung weiterentwickelt. Fühlt man sich in seinen eigenen Bedürfnissen gesehen, liebe- und respektvoll behandelt? Fasst man Vertrauen? Dann sind die wesentlichen Voraussetzungen für eine tragfähige Beziehung vorhanden. In der Literatur wird diese kommunikative Form der Beziehungsanbahnung teilweise nicht als „love bombing“ bezeichnet, sondern der Begriff nur für den missbräuchlichen Umgang verwendet. Das, was sich zeigt ist in beiden Fällen identisch, nur die Motivation dahinter nicht und damit auch nicht die weitere Ausgestaltung der Beziehung, eben in konstruktiver, zugewandter oder in destruktiver toxischer Weise.
Woran erkennt man Love Bombing?
- Es geht alles zu schnell, das erste Mal „ich liebe Dich“, Zukunftspläne wie Reisen, Heirat, Kinder, große Themen werden sofort mit großem Nachdruck angesprochen.
- Noch dazu wird viel in Superlativen geredet: Noch nie war es so besonders, wurde so stark geliebt usw. Dabei wird auch versucht, Gemeinsamkeiten herzustellen wie z.B. Vorlieben für Musik oder Hobbys, als wäre man wesensverwandt, für einander bestimmt, was die Bindung stärken soll.
- Geschenke und gemeinsame Aktivitäten sind dem Zeitraum des Kennenlernens unangemessen. Und sie passen nicht unbedingt, so z.B. Dinge, die die beschenkte Person gar nicht benötigt oder gar mag, denn sie wird in ihrer Persönlichkeit und ihren Bedürfnissen vom Love Bomber nicht gesehen. Sein Verhalten dient vielmehr dazu, sich selbst zu erhöhen, indem er Macht über die andere Person zu erlangt.
- Ex-Partner und Partnerinnen werden schlecht gemacht, entwertet, im aktuellen Setting hingegen ist es „magisch“. Das ist ein besonders bedeutsamer Indikator dafür, dass der Love Bomber an sich nicht liebevoll mit Menschen umgeht bzw. ein zweites Gesicht hat.
- Der Love Bomber macht Druck, indem er mehr gemeinsame Zeit fordert, die ungeteilte Aufmerksamkeit benötigt. Persönliche Grenzen und Freiräume werden dabei nicht respektiert. Oft kommt es auch zur Handykontrolle, zum Stalking auf Social Media oder zur Überprüfung des aktuellen Standortes.
- Freunde und Familie werden vom Love Bomber abgewertet, er versucht, seine Partnerin zu isolieren.
Was ist gefährlich an Love Bombing und wie geht es weiter?
Im Sinne des oben beschriebenen emotionalen Missbrauchs kann starke emotionale Abhängigkeit entstehen. Eigene Interessen geraten genauso wie der eigene Freundeskreis in den Hintergrund, man ist auf den Partner fixiert und fühlt sich dennoch häufig wertlos. In diesem Stadium ist man in einer toxischen Beziehung angelangt, aus der es sehr schwer fällt, sich selbst zu befreien, vor allem wenn man vom Partner bereits von seinen Freunden und der Familie isoliert wurde.
Eine andere Variante ist der plötzliche Kontaktabbruch des Lovebombers (ghosting). Ob Sex, Geld, Ego Boost – vielleicht hat er alles erreicht, was er von seinem Opfer haben wollte. Oder aber er ist einfach nicht in der Lage, sich ernsthaft einzulassen auf eine Beziehung. Hierdurch können bei den Betroffenen starke Selbstzweifel entstehen. Oft fragen diese sich, was sie selbst falsch gemacht haben bzw. was sie hätten besser machen können, damit der Andere nicht verschwunden wäre. In einer zukünftigen Beziehungsanbahnung kann es schwer fallen, sich erneut einzulassen und zu vertrauen. Verlustängste und Schwierigkeiten dabei, Aufmerksamkeiten des Gegenübers richtig einzuschätzen, können entstehen sowie die Gefahr, alles als Love Bombing zu interpretieren. Love Bombing gibt es übrigens nicht nur in Paarbeziehungen, sondern beispielsweise auch in Freundschaften oder Eltern-Kind-Beziehungen.
Wie befreit man sich aus dem Love Bombing?
- Analysieren Sie die Situation, fühlen Sie sich gesehen in Ihren Bedürfnissen? Können Sie diese äußern? Werden Sie mit Respekt und liebevoll behandelt?
- Nehmen Sie Störgefühle ernst, vertrauen Sie Ihrer Intuition, Ihrem Bauchgefühl!
- Lassen Sie sich in Ihrem privaten Raum nicht einengen, niemand hat Ihnen vorzuschreiben, wie Sie Ihr Leben und Ihre Freizeit gestalten, setzen Sie Grenzen. Tun Sie keine Dinge, die Sie nicht tun möchten!
- Wenn die Geschenke Ihnen unangemessen erscheinen und Sie diese freundlich zurückweisen, achten Sie darauf, wie die betreffene Person reagiert. Ist Sie beleidigt, verständnislos? Dann geht es ihr weniger darum, dass es Ihnen gut geht als darum, ihre eigene Agenda durchzusetzen.
- Vertrauen Sie sich den Menschen an, die Ihnen wichtig sind, holen Sie ein Feedback ein, wie Ihr Partner von emotional nicht involvierten Personen wahrgenommen wird.
- Nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch, stärken Sie Ihr Selbstbewusstsein, sorgen Sie für sich!