Häufig frage ich meine Klienten, die unzufrieden in ihrer Beziehung sind nach ihrem Bild einer glücklichen Partnerschaft. Oft schildern sie mir ihre sehr klaren Vorstellungen, wie ihr Leben aussehen soll. Das ist zwar zunächst hilfreich, um Ziele zu haben, nach denen man streben kann. Aber zu rigide Ideale hindern an Entfaltung und es bleibt wenig Spielraum. Männer mit weißen Socken oder Frauen mit Louis Vuitton Handtaschen werden dann schon beim ersten Date als untragbar wahrgenommen. Eine weitere Chance bekommen sie nicht. Die Illusion, dass es „den oder die Richtige/n“ gibt, mit dem bzw. der sich alles zum Guten wenden wird ist leider unrealistisch. Beziehung ist ein lebenslanger Verhandlungsprozess. Spätestens nach Ende der Verliebtheitsphase, die zwischen ca. vier Monaten und eineinhalb Jahren dauert werden Marotten des Partners sichtbar und bei den meisten Paaren entstehen Missverständnisse darüber, was der andere tun muss, damit man sich geliebt fühlt.
Wie kann man Liebe zeigen?
Der US-amerikanische Pastor und Paartherapeut Gary Chapman hat zu diesem Thema bereits vor 20 Jahren seinen Bestseller „Die fünf Sprachen der Liebe“ geschrieben. Er definiert darin fünf Ebenen, auf denen Partner Liebe zeigen und geben können. Neben Lob und Anerkennung sind dies Zweisamkeit, Geschenke, Hilfsbereitschaft und Zärtlichkeit. Wenn die Bedürfnisse des anderen nicht verstanden werden, entstehen Missverständnisse. So überschüttet der eine den anderen vielleicht mit Geschenken und erntet dennoch nicht die erwarteten Begeisterungsstürme. Denn der Partner hätte sich vielleicht mehr gemeinsame Zeit oder Sex gewünscht und fühlt sich trotz der Präsente in seinen Bedürfnissen gar nicht gesehen. Fragen Sie sich einmal, wie Ihre bessere Hälfte Ihnen am besten Zuneigung zeigen kann und was er/sie sich wiederum von Ihnen wünscht. Wahrscheinlich passt das nicht hundertprozentig zusammen, weil jeder Mensch schon in seiner Kindheit unterschiedliche Lernerfahrungen darüber macht, durch welches Verhalten Liebe ausgedrückt werden kann.
Welche Sprache sprechen Sie? Bindungsfähigkeit stärken mit dem Partnertest
Chapman’s Buch enthält einen Partnertest. Dabei lernt man im ersten Schritt, wie man selbst tickt. Wichtig ist nicht, dass die Bedürfnisse deckungsgleich sind, sondern dass man den anderen versteht und dementsprechend handeln kann. Das bedeutet (1) eigene Bedürfnisse klar auszusprechen („am meisten freue ich mich über xy …“); (2) bei unglücklichen Versuchen des Partners nicht gleich persönlich beleidigt und ungnädig zu sein, sondern einzulenken (z.B. „danke für die Blumen, aber beim nächsten Mal freue ich mich mehr über einen gemeinsamen Nachmittag“) und (3) den anderen in seinen Bedürfnissen zu sehen und sich z.B. ins Auto zu setzen um ihn abzuholen, anstatt ihm vorzuschlagen mit dem Taxi zu kommen, wenn man weiß, dass Fürsorge für ihn besonders wichtig ist. Solche scheinbar kleinen Gesten können die Bindungsfähigkeit und Zufriedenheit in der Partnerschaft enorm stärken.
Gary Chapman (1992). Die fünf Sprachen der Liebe.
us-amerikanischer baptistischer Pastor und Seelsorger Gary Chapman, wie Paare ihre Liebe bewahren können.